Green Building Summit 2012


Bergfest auf dem "grünen" Immobiliengipfel

 

Autorin: Dagmar Hotze

 

16. März 2012 - Als die Immobilienwirtschaft vor fünf Jahren begann, sich intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen, kam der Aufstieg der Bezwingung der Eiger Nordwand gleich. Mittlerweile sind die meisten Unternehmen oben angekommen: Bergfest auf dem Gipfel. Doch so grün auch die Neubauten in den Wiesen und Auen sein mögen, unten im Dorf sehen viele Bestandsgebäude weiterhin grau aus. Was also tun?

 

Ganzheitliche Betrachtungsansätze führen zum Erfolg

 

Welche Möglichkeiten es gibt, Wohnungsbestände auf ein zeitgemässes Niveau zu bringen, zeigte Dr. Wolfang Wagner, Leiter Portfoliomanagement, GESOBAU, am Beispiel des Märkischen Viertels in Berlin. Aus einem Wohnviertel, das man sicherlich als „deutsche Bronx“ bezeichnen konnte, wurde durch einen ganzheitlichen Ansatz ein attraktives Quartier mit niedrigen Mietpreisen. Der Blick auf's Ganze ist es denn auch, der Industriegebäude, Produktionshallen und Logistikimmobilien zu Green Buildings werden lässt, wie u.a. Rainer Kohns, Head of Sustainability, Siemens Real Estate und Stephanie Habacker-Arndt, geschäftsführende Gesellschafterin der Habacker Holding am ersten Kongresstag erläuterten. Damit rücken die Lebenszykluskosten in den Vordergrund, die bisher – und nach wie vor – bei der wirtschaftlichen Betrachtung von Gebäuden – auch von „grünen“ Immobilien - unterrepräsentiert sind, wie Prof. Uwe Rotermund in seinem informativen und unterhaltsamen Vortrag darlegte. Sein vorgestellter FM Benchmarking Bericht zeigt die Fortschritte, die im vergangenen Jahr im Hinblick auf die Kostenoptimierung von Immobilien gemacht wurden. Mit dem Ergebnis, dass auch bei Green Buildings die „Fahnenstange“ der Wirtschaftlichkeit noch nicht erreicht ist. Was auch nicht verwundert – Rom ist schließlich auch nicht an einem Tag erbaut. Ebenso wenig lassen sich aus „grauen“ Immobilien und wenig nachhaltig strukturierten Bauprozessen in kurzer Zeit „grüne Gebäude“ zaubern und alle arbeiten vernetzt mit dem gleichen Ziel. Nein, so einfach funktioniert es (leider) nicht.

 

Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie

 

Neben Technik und Ökonomie stand auch die Nutzerperspektive im Fokus des Kongresses, wenn auch etwas zu gering. Denn bei allem Elan der Immobilienwirtschaft für grünes Bauen, am Ende muss der Nutzer vom Mehrwert überzeugt sein und ihn bezahlen wollen. Es gibt noch einige Nutzergruppen, die überzeugt werden müssen: Da sind die Finanzierer, die mehr Transparenz fordern, da sind die Fondsanbieter, deren Interesse eine stabile Rendite ist und last but not least der private Mieter. Sie alle werden sich wesentlich intensiver mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen müssen, führt man sich die Klimapolitik der Bundesregierung vor Augen, die Peter Rathert, Referatsleiter des BMVBS, vorstellte. Für die Branche der Fondsanbieter ist Nachhaltigkeit die Chance, das in jüngster Zeit verlorengegangene Terrain als Vermögenstreuhänder wiederzugewinnen. Das junge Emissionshaus Hesse Newman Capital hat dies klar erkannt. Es beschreitet mit seinem vor kurzem aufgelegten geschlossenen Green Building Fonds, der eine zukunftsfähige und DGNB-zertifizierte Immobilie in Hamburg beinhaltet, neue Wege. Langfristige Wertstabilität und Sicherheit für den Privatanleger stehen im Vordergrund der Überlegungen, wie Jens Timm, Senior Investment Manager, aufzeigte. Vorzüge, die die Anleger wohl zu schätzen wissen.

 

Doch nicht nur Gesetze forcieren nachhaltige Prozesse. Der Markt verlangt von Unternehmen langfristige Strategien, die sowohl Innovationen hervorbringen als auch Risiken einkalkulieren. Interessant war in diesem Zusammenhang der Blick auf das Verhalten von Einzelhandelsunternehmen. Der Wettbewerb um Kunden und Kosten führt bei Unternehmen wie EDEKA dazu, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit intensiv auseinanderzusetzen, mit dem Ergebnis, dass nicht nur der Gebäudebereich auf sein zukunftsfähiges Potenzial beleuchtet wird, wie Thilo Wierzock, Leiter Expansion, EDEKA Handelsgesellschaft Nord, berichtete, sondern die Unternehmensstrategie analysiert und ihre nachhaltige Wirkung insgesamt hinterfragt wird. Aus den ersten Erfahrungen leitet der Lebensmittelhändler nun Handlungsfelder ab, die das Unternehmen in den kommenden Jahren bearbeiten will. Nachhaltigkeit wird zur Unternehmensstrategie, gehört zur Corporate Social Responsibility (CSR). Wenn dieser zündende Funke aus der Immobilienwirtschaft kam, dann hat sich der beschwerliche Weg hinauf auf die Eiger Nordwand allemal gelohnt. Schauen wir, wer im nächsten Jahr ebenfalls aufgestiegen ist.