Plusenergiehaus mit Elektromobilität


ILEK baut Haus der Zukunft in Berlin

 

15. November 2010 - Das Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart ist beim Realisierungswettbewerb „Plusenergiehaus mit Elektromobilität“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) mit dem ersten Preis ausgezeichnet worden. Der unter der Leitung von Professor Werner Sobek eingereichte Entwurf zeigt das Potenzial auf, welches aus der bisher ungekannten Verknüpfung der Energieströme zwischen der entstehenden Elektromobilität und unserer gebauten Umwelt erwächst. Architektonisch verkörpert er diese spektakulär durch einen gläsernen „Showcase“, der alle hierfür

energetisch relevanten Komponenten rational organisiert und elegant zur Schau stellt.

Über die Möglichkeit hinaus, zukünftig Einfamilienhäuser in Breitenanwendung zu bauen, die weit mehr regenerative Energie erzeugen, als sie benötigen - also auch in der Lage sind, ebenso die E-Mobile der Bewohner vollständig mit Energie zu versorgen - zeigt der Entwurf auf, dass Gebäude zukünftig so entworfen und konstruiert werden können, dass nach ihrer Nutzung ein sortenreines Recycling aller Baumaterialien problemlos möglich ist. Die ganzheitliche Betrachtungsweise des interdisziplinären Entwurfsteams erweitert den Begriff des „Nachhaltigen Bauens“ hierdurch um wichtige, beispielsweise beim SolarDecathlon Wettbewerb bisher vernachlässigte  Zusammenhänge.

 

Die Eröffnung des Forschungs- und Anschauungsobjekts des BMVBS in Berlin ist für Mitte 2011 geplant.

© Werner Sobek Stuttgart
© Werner Sobek Stuttgart

Architektur und Energie

 

Ein gläserner Versorgungskern fungiert als energetisches und architektonisches Bindeglied zwischen den mobilen und immobilen Lebensbereichen der Bewohner. Während sich zur Gartenseite ein kompaktes Gebäudevolumen anschließt, dient zur Straßenseite hin eine offene, ungedämmte Rahmenkonstruktion der Öffentlichkeit als großes "Showcase", welches Informationen vermittelt und zum Interagieren einlädt. Der Schwerpunkt der Innovation liegt hierbei in der Schnittstelle der Energieströme und Speicherkapazitäten zwischen dem Plusenergiehaus und der Mobilität der Zukunft. Das Konzept der horizontalen Dreiteilung in Plusenergiehaus, Energiekern und „Showcase“ verkörpert diesen Ansatz in signifikanter Architektur. Durch die optimale räumliche Ausrichtung und der Optimierung der solaren Gewinne Richtung Süd-Ost bei gleichzeitiger Minimierung der Verluste Richtung Nord sowie der weitreichenden architektonischen Integration von Photovoltaik und Solarthermie wird mehr Energie produziert als zur Versorgung des Gebäudes und der Fahrzeuge notwendig ist. Diese zusätzliche Energie wird in das öffentliche Netz eingespeist und trägt zur Erhöhung des regenerativ erzeugten Anteils am Gesamtstrommix bei. Durch eine räumlich flexible Organisation der Grundrissgestaltung wird nicht nur auf verschiedenste Anwendungen im suburbanen Raum mit seinen stets spezifischen Örtlichkeiten abgezielt, sondern auch auf eine einfache Anpassung auf die sich wandelnden Bedürfnisse der Bewohner im Lebenszyklus des Gebäudes reagiert. Der Entwurf visualisiert diese Flexibilität durch seine bewusst ephemere Haltung dem Ort gegenüber.

 

Mobilität und Immobilität

 

Durch die lokale Emissionsfreiheit rein elektrisch betriebener Fahrzeuge und die notwendige Neugestaltung der Ladeinfrastruktur in den Städten wachsen Mobilität und Wohnen zukünftig immer mehr zusammen. Im Konzept des ILEK wird diese Verknüpfung auf mehreren Ebenen herausgearbeitet und demonstriert: Schnittstellen ergeben sich hierbei in der Architektur, im Energiekonzept sowie ganz wesentlich über die Bewohner selbst. Um das Zusammenwachsen von Mobilität und Wohnen insbesondere auch der Öffentlichkeit näher zu bringen, werden die Besucher über ein mehrstufiges Ausstellungskonzept interaktiv in die Technologien und die Architektur mit eingebunden. Neben dem rationalen, aus den energetischen Anforderungen heraus entwickelten ‚Energiekern‘ und dessen Funktionalität in technologischer und räumlicher Hinsicht ist die gleichwertige integrative Behandlung von Plusenergiehaus und E-Mobil identitätsstiftend.

 

Projektbeteiligte

 

Federführende Hochschule:

Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), Universität Stuttgart:

Prof. Dr. Dr. E.h. Werner Sobek, Michael Herrmann, Christian Bergmann, Thorsten Klaus

 

Fachberater:

Institut für Gebäudeenergetik (IGE), Universität Stuttgart: Prof. Dr. Michael Schmidt, Jörg Arold

Lehrstuhl für Bauphysik (LBP), Universität Stuttgart: Prof. Dr. Klaus Sedlbauer, Jan Paul Lindner

Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT), Universität Stuttgart: Prof. Dr. Dr. E.h. Dieter Spath, Florian

Rothfuss, Florian Klausmann, Steffen Braun

Arbeitsgemeinschaft mit Planungsbüros:

Werner Sobek Stuttgart: Petra Michaely, Christian Duder, Agatha Toth, Benjamin Springer

Werner Sobek GreenTechnologies: Dr. Heide Schuster, Viola Kosseda, Jürgen Schroth

Visualisierung: © Werner Sobek Stuttgart

 

Kontakt und Bildmaterial

Michael Herrmann: +49 (0)711 685 6 39 16, michael.herrmann@ilek.uni-stuttgart.de

Christian Bergmann: +49 (0)711 685 6 37 94, christian.bergmann@ilek.uni-stuttgart.de

Thorsten Klaus: +49 (0)711 685 6 37 65, thorsten.klaus@ilek.uni-stuttgart.de

 

Informationen zum ILEK

Das Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart vereinigt in Forschung und Lehre die in der

Architektur dominanten Bereiche des Entwerfens und Gestaltens mit den im Bauingenieurwesen im Mittelpunkt stehenden Bereichen der Analyse und Konstruktion sowie der Materialwissenschaft. Auf der Grundlage einer interdisziplinären Vorgehensweise befasst sich das Institut mit der konzeptionellen und werkstoffübergreifenden Entwicklung von allen Arten von Bauweisen und Tragstrukturen. Der Bogen der Arbeitsgebiete spannt dabei vom Bauen mit Textilien und Glas bis zu neuen Strukturen in Stahl- und Spannbeton sowie dem sogenannten Ultra-Leichtbau durch adaptive Systeme. Vom einzelnen Detail bis zur gesamten Struktur geht es um die Optimierung von Form und Konstruktion hinsichtlich Material- und Energieaufwand,

Dauerhaftigkeit und Zuverlässigkeit, Rezyklierbarkeit und Umweltverträglichkeit. Die Einbettung in ein internationales Netzwerk aus Forschungs- und Lehreinrichtungen ist hierfür ebenso wichtig wie die enge Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Partnern aus Wirtschaft und Industrie.

Im Jahr 1994 trat Werner Sobek die Nachfolge von Frei Otto und im Jahr 2001 zusätzlich die Nachfolge von Prof. Dres. Jörg Schlaich an. Die Inhaber beider Lehrstühle haben in der  Vergangenheit die weltweite Anerkennung der Universität Stuttgart im Leichtbau wie auch im Massivbau wesentlich gefördert. Mit der Vereinigung der beiden Lehrstühle durch Werner Sobek werden erstmals zwei sich seit nahezu zwei Jahrhunderten voneinander entfernende Disziplinen, Architektur und Bauingenieurwesen, in einem symbolischen Akt in einem Institut zusammengefasst. Im Jahr 2008 folgte Werner Sobek zusätzlich dem Ruf des Illinois Institute of Technology (IIT) in Chicago auf die Mies van der Rohe Professur. Als zweiter Professor wirkt Balthasar Novák am ILEK. Die Forschungsarbeiten im Bereich Leichtbau werden von Dr. Walter Haase koordiniert. Ein Teil des ILEK befindet sich in dem berühmten Zeltbau (Pfaffenwaldring 14), der ursprünglich als Prototyp zur Erprobung von Konstruktion und Montage des Deutschen Pavillons auf der Expo 1967 in Montreal erstellt wurde. Das Gebäude gilt als eine der Ikonen der modernen Architektur.