Textilbeton


Komplette Gebäudehülle aus Textilbeton in Aachen:

Weltgrößte Branchenanwendung eröffnet neue Dimensionen für ökologisches Bauen

 

13. November 2009 - Die international bislang größte bautechnische Anwendung von textilbewehrtem Beton ging Mitte September an symbolträchtigem Ort in Funktion. Die Außenfassade des neu errichteten Instituts für Textiltechnik INNOTEX der RWTH Aachen ist das jüngste Highlight der deutschen Textilforschung. Gemeinsam mit deutschen und französischen Partnern hatten Wissenschaftler dieses Kompetenzzentrum für innovative Textilstrukturen und Medizintextilien dafür eine Materialkombination aus Spezialbeton und Glastextilien entwickelt.

 

Der technologische Quantensprung für Ressourcen schonendes Bauen verbirgt sich unter der Oberfläche von 216 jeweils drei mal einen Meter großen, hellgrauen Modulplatten der Gebäudehülle mit insgesamt 590 Quadratmetern Fläche: Nur 15 Millimeter stark ist die beidseitige Deckschicht aus Feinbeton über einem isolierenden, tragfähigen PUR-Hartschaumkern jedes der standardisierten Sandwichelemente. Statt Stahlarmierungen wurden textile Gewirke in die Umhüllung eingearbeitet. Sie verleihen dem druckbelastbaren Mantel die erforderliche Zug- und Biegefestigkeit.

 

Dank dieser neuartigen Kombination von Materialeigenschaften wurden für die Aachener Fassade 80 Prozent weniger Beton benötigt als bei traditioneller Bauweise. Entsprechend sinken die bei der Produktion anfallende CO²-Emission, das Gewicht der Bauteile sowie der sonst ganz erhebliche Transport- und Montageaufwand. Die textilbewehrten Leichtelemente sind auch nicht von Korrosion bedroht und erlauben selbst filigrane Bauteile mit hoher Wärmedämmung in frei wählbaren Formaten. Türen und Fenster können beliebig integriert, einzelne Fotoelemente auch jederzeit problemlos ausgetauscht werden. Werden bei der Montage die Platten doch mit einfachen Hebezeugen und Befestigungssystemen in ein von außen unsichtbares Trägersystem aus Stahl eingehängt. Klassisches Mauerwerk ist nicht mehr erforderlich.

"Der neue Materialverbund eröffnet für Architekten, Planungsbüros und die Bauin-dustrie völlig neue Optionen", erklärt Thomas Gries, Leiter des RWTH-Instituts für Textiltechnik. Die Sandwichelemente seien zunächst zwar für die Anwendungen bei Industrie- und Verwaltungsgebäuden konzipiert, eine Weiterentwicklung für den Wohnungsbau jedoch durchaus möglich - "nicht zuletzt dank der nahezu grenzenlosen Variabilität bei Struktur und Farbe der hochwertig wirkenden Oberflächen". Zunächst sei jedoch ein Folgeprojekt in Vorbereitung, das dem Verbundstoff als Serienprodukt volle wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit mit herkömmlichen Baumaterialien sichern soll.

 

"Mit dieser zukunftsorientierten Technologieentwicklung wird einmal mehr deutlich, dass die deutsche Textilindustrie längst den Sprung von der Old Economy hin zum international führenden High Tech-Anbieter vollzogen hat", kommentiert Klaus Huneke, Vorsitzender des Forschungskuratoriums Textil e.V. den von der EU geförderten Entwicklungserfolg.

 

Kontakt:

Forschungskuratorium Textil e.V.

Geschäftsführer Dr. Klaus Jansen

Reinhardtstrasse 12-14

10117 Berlin,

T. 030-726220-0

 

Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen (ITA)

Institutsleiter Prof. Thomas Gries

Otto-Blumenthal-Str. 1

52074 Aachen

T. 0241-80234-00